Eröffnung: Montag, 3. Oktober, 19.00 Uhr
Übers Internet, auf der Straße, in Fitnessclubs oder über regionale Printmedien begeben sich die KünstlerInnen der Ausstellung auf die Suche nach ihren bis dahin anonymen Modellen. Die Absicht eines Portraits ist, das Wesen, die Persönlichkeit des porträitierten Gegenübers zum Ausdruck zu bringen sei es nun eine Person oder eine Stadt. Rabea Eipperle, Leo Kandl und Melanie Manchot haben sich auf unterschiedlichste Weise dem Thema Portrait gewidmet.
Rabea Eipperles Fotoserie Mit uns ein Gefühl geht der Frage von Privatheit und Intimität nach, indem sie die Bildproduktion bürgerlich konservativer Beziehungskultur aufgreift: das Portrait eines Paares inmitten häuslichem Interieur. Rabea Eipperle suchte im Speziellen nach Bodybildern bzw. muskulösen Männern. „Ich sprach sie an und erklärte ihnen, dass ich sie gerne zu Hause besuchen möchte, um mit ihnen ein Photo zu machen, auf dem ich mich als ihre Freundin mit ihnen zusammen als Paar inszenieren möchte.“ (R.E.) Das Bild des Bodybuilders, des männlich konnotierten Prototypen von Kraft und somit Schutz vor der bedrohlichen Welt da draußen, gepaart mit der anschmiegsamen Frau. Die Künstlerin zeigt in ihrer Arbeit die bis dato festgeschriebenen Anordnungen hierarchischer Geschlechteranordnung auf, entlarvt den Wahrheitsgehalt von Paar-Portraits und setzt eine interessante Note im Bereich Selbstportrait.
Leo Kandl suchte für seine Arbeit Free Portraits verschiedene Weltstädte auf, etablierte sich gleich zu Beginn als Fotograf, indem er in regionalen Zeitungen eine Annonce schalten ließ, die ihn als Fotografen und Künstler auf der Suche nach Modellen auswies. Mit der Schaltung einer Annonce und einer fixen Kontaktmöglichkeit entfällt der erste Schritt der Anonymität der eigenen Person in einer fremden Stadt. Der Künstler muss sich nicht erklären, hat seine Position definiert, ist somit Teil des sozialen Systems. Ganz anders hingegen seine auf diese Weise gefundenen Modelle. Sie suchen in der Rolle des anonymen Modells eine Benennung ihres Selbst. „Meine Modelle bestimmen weitgehend, wo und wie sie sich vor der Kamera zeigen. Als Gegenleistung für das Risiko, sich auf die Begegnung und das Fotografieren einzulassen, überlasse ich ihnen einige Bilder ihrer Wahl.“ (L.K.)
Melanie Manchot zeigt die großformatige Fotoserie Groups + Locations (Moscow). Sie begibt sich dafür vorerst in einen Diskurs mit der im späten 19. Jahrhundert gebräuchlichen russischen Dokumentarfotografie, die für ihre „Land und Leute-“ Aufnahmen bekannt war. Markante Landschaften oder Denkmäler Russlands wurden als Hintergrund für Gruppenportraits der dort ansässigen Bevölkerung verwendet. Aufgrund der Größe des Landes dienten diese Bilder dazu, Russen eine bessere Vorstellung von ihrem eigenen Land und der Vielfalt der Kulturen und Menschen zu geben. Melanie Manchot erweist dieser Tradition Referenz, indem sie ebenfalls vor wichtigen Plätzen Moskaus die jeweils zufällig dort anzutreffenden Personen persönlich anspricht, zum Innehalten motiviert und diese als Gruppe einander Unbekannter portraitiert. „Diese einfachen und momentanen „Performances“ tragen zudem politische Bedeutung, da es seit April 2004 ein neues Gesetz in Russland gibt, welches das Recht zu öffentlicher Versammlung stark begrenzt.“