Eröffnung: Montag, 6. Oktober, 19.00 Uhr
Einführende Worte: Andreas Müller
sponsored by: BKA Kunst; MA7-Kultur; Cyberlab, Wiener Linien
Die künstlerische Produktion ist ebenso wie das Leben der KünstlerInnen maßgeblich von ökonomischen Rahmenbedingungen bestimmt, was sich nicht nur in der jeweiligen Präsenz innerhalb des Kunstmarktsystems äußert, sondern häufig auch in den Arbeiten selbst kritisch reflektiert wird. Für die Ausstellung wurden junge Positionen von KünstlerInnen, die kürzlich ihr Studium absolviert haben, ebenso herangezogen wie solche, die schon zu einem integralen Bestandteil jenes Systems geworden sind, welches in der Schau hinterfragt werden soll.
Isabel Czerwenka-Wenkstettens Projekt KÜNSTLERMILCH/ ARTIST’S MILK, von dem ein Auszug fotografisch präsentiert wird, zeigt die Künstlerin in einem artifiziellen Setting mit ihrem Kind, mit dem der Arbeit die soziologische Grundbedingung eingeschrieben wird: Sie durchleuchtet nicht nur das delikate Verhältnis von Familie und künstlerischem Schaffen und insbesondere einen radikalen Bruch – durch ihr Mutter-Werden –, sondern macht gleichzeitig Strategien im geschlossenen System des Kunstbetriebes sichtbar, wenn sie selbst abgepumpte Milch sowohl trinkt als auch in Gläser abfüllt.
Das polnische Künstlerkollektiv Grupa Azorro setzt sich schon lange mit dem Kunstbetrieb auseinander. In der Arbeit Portrait with a Curator begibt sich die Gruppe in Galerien und Ausstellungshäusern in eine Position, deren räumliche Konstellation es zulässt, jeweils kurzfristig ein gemeinsames Gruppenbild mit einem nichtsahnenden Kurator filmisch festzuhalten. Derart wird spielerisch auf eine zusätzliche diskursive Metaebene des Kunstbetriebes – nebst der formalen Qualität künstlerischer Produktion – hingewiesen, die sich aber realiter im zeitgenössischen Verständnis über die jeweilige künstlerische Repräsentation in Netzwerken manifestiert.
Matthias Krinzingers Arbeit € 92.000,- (Große Kinigat) schließt an die seinem Schaffen immanente subversive Auseinandersetzung mit dem Kunstmarkt an, wenn sein am Osttiroler Berg Große Kinigat angebrachter roter (Verkaufs-)Punkt – Emblem der Ökonomisierung des Kunstbetriebes – abfotografiert wird. Der im Bild inszenierte Verkauf des Berges beruht auf der wahren Begebenheit seiner tatsächlichen Veräußerung: In seiner Gleichsetzung mit dem Feld der Kunst wird dessen singulärer Besitzanspruch dem allgemeinen Kulturgut gegenübergestellt und damit neu verhandelt. Die Arbeit wird ergänzt durch weitere installative Interventionen zum Thema.
Die Fotoserie Experimental Sets von Sigrid Kurz führt ihr Schaffen im Bereich der Institutionskritik fort, indem die Künstlerin nicht die Ausstellung selbst, sondern deren Strukturen zum Kern ihrer Arbeit macht. Im Mittelpunkt stehen Aufnahmen von Beleuchtungssystemen wie sie in Ausstellungsräumen, bei Displays und Shows Verwendung finden. Diese sind in Szene gesetzt, indem ihre Position verändert wurde und die ursprüngliche Deckenansicht zur Bodenfläche wird. Dadurch werden die Scheinwerfer selbst zu Ausstellungsinstallationen, und systemimmanente Begriffe von Produktion und Präsentation werden dadurch auch inhaltlich thematisiert.
Die Videoinstallation 100 Days of Mad Rush von Hyo Lee setzt sich mit dem selbst auferlegten Drill aufgrund des Leistungsdrucks im Kunstbetrieb auseinander. In nur 100 Tagen hat die Künstlerin – ohne Vorkenntnisse – das namensgebende Klavierstück von Philip Glass erlernt und ihr Unterfangen dabei akribisch in Text und Bild dokumentiert. Das Video, das am Ende sie selbst spielend zeigt, wird ergänzt durch Originalfilmaufnahmen von Pianisten, deren nicht enden wollende fragmentarisch-collagenhafte Wiederholungen kritisch auf die Verschulung von Kunst zu einer angepassten Übung hinweisen.
Die 3-Kanal-Videoinstallation The Connection of Three Spaces von Suzie Léger ist eine Übersetzung ihrer gleichnamigen Performance, in der sich die Künstlerin die Sprache eines bekannten Konzeptkünstlers angeeignet hat. Mit dieser beschreibt sie ein Raumkonzept, wobei sich jene Sprache in ihrer Verwendung austauschbarer Worthülsen auf ein selbstreferenziell gewordenes Kunstsystem bezieht und somit dieses schließlich enttarnt.
In Roman Pfeffers Videoarbeit Waiting bedient sich der Künstler – gemäß seiner üblichen Arbeitsweise – eines Wortspieles (Waiting/Waiter), mit dem er Warten mit Bedienen verschränkt. Er hält zwei Weingläser in den Händen, die von Wasserstrahlen getroffen werden. Die Tatsache, dass er sie nicht servieren kann, ohne sich vom Zulaufstrom zu entfernen, beschreibt das Gleichnis eines überquellenden künstlerischen Potentials, das noch seiner Umsetzung harrt. Das Video reflektiert somit paradigmatisch das gesellschaftliche Bild eines Künstlers auf Abruf, dessen ideell-kreatives Vermögen allein von wirtschaftlicher Nachfrage bestimmt zu sein scheint.
Angelika Wischermanns Video Oneironaut zeigt die Künstlerin in einem Unterwasserparcours zwischen Luftballons. Das lebensbedrohliche Setting, in das sie sich freiwillig begibt, versteht sich hier als metaphorische Fragestellung zur Existenz als Künstlerin, wenn sie mit Gewichten beladen von einem Ballon zum anderen wandert, um mit der Luft eines jeden nur wenig länger unter Wasser atmen zu können.
Andreas Müller