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Ausstellungen

MARIA BLONDEEL / GERTRUDE MOSER-WAGNER

6. Mai 1998 – 30. Mai 1998

Maria Blondeel (BE), Gertrude Moser-Wagner (AT)

Das G-Projekt von Maria Blondeel ist eine Studie über das Sonnenlicht, das die Räume während des Tages durch die Öffnungen in der „Raum-Architektur“ erhellt. Diese Tageslichtsituation wird optisch und akustisch aufgezeichnet, in einem Diagramm festgehalten und in einem anderen Raum rekonstruiert.
Ein „Screentest” ist eine Installation bei Tageslichtsituation (Foto 1). Ein „Dark Room” ist eine Installation, in der das Tageslicht durch künstliches Licht ersetzt wird (Foto 2), wobei eine Tageslichtsituation, in der zeitgebundene Abläufe, die normalerweise metereologischen Phänomenen und dem Wechsel zwischen Tag und Nacht unterliegen, mittels eines Lichtstrahls durch einen computergesteuerten Diaprojektor simuliert wird.
In jeder Serie ist das Verhältnis von einfallendem Licht und dem Boden, von Licht und Schatten, den die im Raum befindlichen Objekte werfen, in ihren Kontaktzonen als Fotogramm auf Diazo-Papier (Blue Prints) festgehalten. Die Lichtzustände werden mittels eines fotoelektrischen Widerstandes, der einen Soundgenerator steuert, in hohe und tiefe Töne umgewandelt.
Die Wiederholungen solcher Installationen basieren auf einem zuvor bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Konzept, das als Leitfaden für spätere Anordnungen der Installationsteile am je-weilig neuen Präsentationsort dient. Ähnlich wie Pflanzen sich den jeweiligen Lichtverhältnissen anpassen, durchläuft auch jede Installation eine „Photomorphose”. Die fotoelektrischen Widerstände reagieren auf die sich verändernden Lichtverhält-nisse, und folgen dem einfallenden Tageslicht an Wänden, Bo-den oder Decke, die Blue Prints folgen den Schatten und der Schatten den der Besucher selbst wirft wird zur Maßeinheit.
In beiden Installationen ist die Wechselwirkung beziehungswei-se der Aktions-/Reaktionsprozess zwischen Bild und Sound in stetiger Veränderung. Der/ die BesucherIn beeinflußt diesen Prozess durch seine /ihre bloße Anwesenheit, durch seinen/ihren Schatten in diesem „lichtempfindlichen” Raum. (Maria Blondeel)

Die  Projektserie Soil sample series (1998–2000, Wien, Prag, Bologna) von Gertrude Moser-Wagner, die einen formalen Bezug zur Naturwissenschaft hat, schließt inhaltlich an das Lavabombenprojekt (Gertrude Moser-Wagner, Stromboli 1991) an. Erste Annäherung ist die Fotoserie decomposition mit Ausstellungen in Wien und Prag, der zweite Schritt wird ein Stadtprojekt in Bologna sein, la montagna artificiale, mit Fokus auf einen rekultivierten Müllberg, „einen künstlichen Vulkan, den wir aber unter Kontrolle haben“ (Zit. Seabo-Mitarbeiter). Wieder geht die Recherche der Künstlerin unter die Oberfläche des Sichtbaren, ins Hinabgeklappte, Heraufgeholte, Ausgeblendete, diesmal in den Mikrokosmos des Bodens selbst. Dr. Josef Rusek, Pedologe und Leiter des Instituts für Mikrobiologie an der Akademie der Wissenschaften in Budweis, ermöglichte ihr das Betrachten von Kommunikationsprofilen des Unsichtbaren, d.h. der Interaktion von Kleinstlebewesen im Boden. Die hier ausgestellten Fotos, decomposition 1-12 aus dem Projekt soil sample series, sind als Resultat einer künstlerischen Methode dem wissenschaftlichen Verfahren gegenübergestellt: eine Annäherung durch Ablichten und Abzeichnen von Kommunikationspatterns. Auslösende Faszination dabei war die Vorführung der dazugehörigen Prozedur einer Herstellung von sogenannten Dünnschliffen aus einem Bodenstück, ein skulpturähnlicher Vorgang, und deren Betrachtung unter dem Polarisationsmikroskop.
Ein Engegenkommen von Wissenschaftlern und die Erlaubnis zur Benützung universitärer Einrichtungen waren die Vor-aussetzung für diese Arbeit. (Gertrude Moser-Wagner)