Eröffnung: Montag, 21. November um 19.00 Uhr
Einführende Worte: Ruth Horak
Finissage und Katalogpräsentation:
Freitag, 13. Jänner um 19.00 Uhr
sponsored by: BKA Kunst; MA7-Kultur; Cyberlab; Bezirkskultur Alsergrund
Kooperationspartner: Museum der Moderne Salzburg
Fotografie und Licht gehören so eng zusammen wie Telefon und Ton. Das Licht ist nicht nur eine Voraussetzung für jedes fotografische Bild und entsprechend im Namen des Mediums manifest, sondern auch verantwortlich für entscheidende Entwicklungen rund um die Fotografie. Licht war und ist aber nie nur Voraussetzung für das Fotografieren, sondern immer auch eine Herausforderung. Und gerade im künstlerischen Bereich, wo oft auf die Bedingungen des verwendeten Mediums Bezug genommen wird, ist das Licht eine jener vielseitigen Komponenten der Fotografie, die zur Reflexion anregt. Im diesjährigen Schwerpunkt der FOTOGALERIE WIEN steht das Licht einmal mehr als Akteur im Mittelpunkt:
In den drei Ausstellungen Lichtexperimente, Lichträume und Lichtqualitäten spielt es sowohl eine ideelle als auch formgebende Rolle: das Licht als Phänomen, als Kontrast zur Dunkelheit, als Thema und Motiv, sein Einfluss und seine unmittelbaren Auswirkungen auf das Dargestellte und die verwendeten Materialien. Wie kann das Licht festgehalten und sichtbar gemacht werden, wie im Raum installiert, von welchen Lichtqualitäten, -quellen oder -temperaturen sprechen wir, und wie subjektiv ist unsere Wahrnehmung im Vergleich zu dem, was die Apparate aufzeichnen?
Henry Fox Talbot hat der Fotografie eine wichtige Botschaft mitgegeben: Sie sei ein Selbstabdruck der Natur und „durch nichts anderes zustande gekommen, als durch die Einwirkung des Lichts“. Im dritten Teil der Ausstellungsreihe Licht wird dies zum Teil ganz wörtlich genommen und das Licht mit seinen unglaublichen atmosphärischen Qualitäten selbst zum Hauptdarsteller. Mond- oder Sonnenlicht, die Auswirkungen von Sonnenstand und Jahreszeiten, künstliche Lichtquellen oder das Licht als Requisite. In wissenschaftlich-experimenteller oder sachlich-dokumentarischer Manier, oft mittels analoger fotografischer Aufzeichnungssysteme werden dabei Licht, Lichtquelle, Position, Bewegung, wechselnde Farbtemperaturen etc. registriert. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass sämtliche Beiträge den physikalisch-chemischen Prozess der analogen Fotografie verwenden, also lichtempfindliche Filme oder Papiere belichten (lassen), um dem Licht (manchmal in langen Belichtungszeiten) einen Körper zu geben. Die dazwischen geschaltete Kamera funktioniert als Prothese für unser Auge, das all’ diese Lichtqualitäten versäumen würde, weil es durch chromatische Adaption (Weißabgleich) oder instinktives Wegschauen, wenn es zu hell wird, schützt.
1987 bei der Lampenschirmmacherin Elisabeth Kemeter in Auftrag gegeben, sollten zwei Stehlampen als Requisiten am Wiener Set des James Bond-Films „The Living Daylights“ vorkommen, wurden gefertigt und geliefert, tauchten in der Endfassung des Films aber nicht mehr auf. Veronika Burger erzählt nun die Geschichte dieses Auftrags, lässt das Lampenpaar erneut aus der Erinnerung anfertigen und stellt ihm Stills aus James Bond-Filmen an die Seite, 2 × 69 in Form einer Doppel-Diaprojektion. Immer wieder stößt sie uns dabei just in jenem Augenblick in eine Filmszene, in der Lampen im turbulenten Action-Geschehen gerade fallen, bersten, implodieren etc., als effektvolles Lichtspektakel den dramatischen Kampf begleiten und mit ihren verschiedenen Licht- und Farbqualitäten die Atmosphäre mittragen.
Victoria Coelns Chromogramme entstehen in aufwändiger Dunkelkammerarbeit. Seit langem interessiert sie sich für Farbphänomene und Farblehren, experimentiert mit den Grundfarben des Lichts, Filtern und Mehrfachbelichtungen und beobachtet in zahlreichen Belichtungsreihen das Zusammenspiel von Licht und Farben. Die Lebendigkeit der Chromogramme entspringt den mit transparenten Reprolux-Farben bemalten Glasplatten, die sie anstelle eines Films in den Vergrößerer legt. Eine Farbe, die Victoria Coeln dabei besonders fasziniert, ist Magenta. Da Magenta keine Spektralfarbe ist, sondern durch die additive Mischung von Rot und Blau entsteht, taucht der Farbname erst Mitte des 19. Jahrhunderts auf. Durch die Überlagerung von bis zu fünf Belichtungen unterschiedlich intensiver Farbgläser, den intermedialen Prozess (Malerei und Fotogramm) und einen Unschärfegrad tun sich vor uns besonders satte und tiefe Licht-Farbräume und -Intensitäten auf.
Inge Dick ist bekannt dafür, dass sie einer weißen Wand unendlich viele Farben entlocken kann. Seit den 1990er-Jahren dient ihr immer wieder eine schlichte weiße Fläche als Bühne, auf der sich das Tageslicht in all’ seinen Schattierungen und Intensitäten darstellt. Vom trägen Auge ignoriert, übernimmt die Kamera für uns die Differenzierung jener Farbnuancen, die sich auf dieser Fläche im Laufe eines Tages zwischen Sonnenaufgang und -untergang niederlassen – vom tiefen Nachtblau bis zum hellen Mittagsweiß. Drei Tage lang gefilmt und dann in schmale chronologische Sequenzen „geschnitten“, die unserem Auge den Vergleich erlauben, sowie mit der genauen Uhrzeit unterschrieben, schlüpft das Weiß so in unendlich viele Rollen. Im Jahreszeitenzyklus werden die Schwankungen des lichten Tages in unseren gemäßigten Breiten bzw. die Lichttemperaturen des Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Winterlichts sichtbar.
Die Schweizerin Sarah Hablützel hat einen Monat lang – vom 22. November bis hin zum kürzesten Tag des Jahres, dem 22. Dezember – jeden Morgen zur selben Tages- und mit derselben Belichtungszeit von 30 Sekunden ein Fotopapier belichtet bzw. belichten lassen: in Hamburg, und – nach demselben Prozedere, aber nicht täglich – in New York, Helsinki, Oslo, Singapur, Tokio und Zürich. Die so entstandenen 66 Luminogramme (inklusive Regentropfen) sind – in den Titeln – mit Koordinaten versehen und in einem entsprechenden Raster gehängt. Dadurch werden die 74° 0′ West – 139° 46′ Ost-Erstreckung der Aufnahmeorte und deren unterschiedliche Lichtintensitäten sowie das abnehmende Tageslicht (bedingt durch die sich verändernde Neigung der Erdachse) auch im Ausstellungsraum anschaulich gemacht.
Ulrike Königshofer hat einen eigenen Apparat für die Aufzeichnung von Sechs Sekunden Mondlicht gebaut. Wieder stehen der analoge Prozess und demgemäß das Zusammenspiel aus Zeit und Licht bzw. das möglichst ungestörte und unmittelbare Abbild einer natürlichen Lichtquelle im Zentrum. Die 15 Monochromien dokumentieren – abhängig von den Wetterbedingungen der jeweiligen Nächte zwischen dem 20.02. und dem 14.03.2015 – das einfallende Mondlicht im Verlauf eines Mondzyklus’. So sachlich ihr Vorgehen und ihr Interesse für wissenschaftliche Methoden auf der einen Seite sind, so stimmungsvoll sind dennoch die Ergebnisse, die Gelb-, Orange- und Rottöne, die uns das Mondlicht einmal in anderer Form erfahren lässt.
„36 Aufnahmen in 36 Tagen, je 24 Stunden Belichtungszeit bei offener Blende“, lauten die Angaben zu Michael Michlmayrs Beitrag 36 Tage – Referenz. Durch intensive Sonnenlichteinstrahlung im März 2016 wurde der fotochemische Prozess herausgefordert: Trotz der langen Belichtungszeiten gelang es, überhaupt ein Bild der Außenwelt zu geben. Die extreme Überbelichtung führte zur langsamen Selbstentwicklung des Filmmaterials. Außerdem brachte die Bündelung und Intensität des Sonnenlichts eine Verletzung des Negativstreifens in Form eines schrägen „Schnitts“ hervor, den die Sonne in ihrer Bahn auf dem Film hinterlässt. Die Überlagerungen dieser Lichtbahnen bilden den Referenzpunkt für die „Bewegung der Landschaft“ während dieser 36 Tage und somit eine Visualisierung des Verlaufs von Zeit und Raum.
Exposures, eine insgesamt 11-teilige Serie von Günther Selichar, zeigt formatfüllende Nahaufnahmen von Lampen, wie sie als Dauerlicht in Video- und Filmkameras eingebaut oder als externe Studiolampen an Aufnahmegeräte gekoppelt sind. Ähnlich wie in Selichars Serie Screens, cold sind diese „Werkzeuge“ der Fotografie und des Videos/Films sachlich-dokumentarisch porträtiert, ohne Unterschied, ob es sich um kleine LED- oder große Kolbenlampen handelt. Ähnlich wie bei Inge Dick wehrt sich auch hier das Auge, diesmal gegen den direkten Blick in das auf die hellste Stufe gestellte Licht. Erst im Foto können wir die Formen der Lampen und die Streuscheiben beobachten. Im englischen Terminus „Exposures“ treffen sich die thematischen Ebenen: Aufnahmen, Ausgesetztsein, Bestrahlung, Enthüllung, aber – auch wieder ganz buchstäblich genommen – die Filmbelichtung, hat sich doch das fotografierte Licht in den Sensor eingeschrieben.
(textliche Betreuung: Ruth Horak)