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Ausstellungen

JOERG BURGER / WALTER MIRTL

4. Mai 2000 – 3. Juni 2000

Joerg Burger (AT), Walter Mirtl (AT)

Joerg Burger: „Die gezeigten großformatigen, teils mehrteiligen photographischen Arbeiten lassen kontroversielle ästhetische Formulierungen in einem Kontext aufeinanderstoßen: Gesten wechseln zu skulptural verbrämten Zeichen und Collagen. Filmische Sequenzen, die auf ein einziges Bild kondensiert sind, stehen neben den sich aufdrängenden, verstellt kurzen Blicken auf verlassene Schauplätze, die dokumentarisch auf ihre Architektur reduziert scheinen.
Es sind keine reinen Abbildungen der Wirklichkeit, keine klaren Objekt- bzw. Realitätsbezüge, sondern zu Chiffren verdichtete Realitätskonstellationen, in denen sonst verborgene Zusammenhänge aufblitzen können.
Das Banale kann sich plötzlich, fast heimtückisch, als ein Territorium des Geheimnisvollen entpuppen, und im Alltäglichen werden Spuren des Erstaunlichen sichtbar.
Die Bilder legen für die/den BetrachterIn eine Spur einer sezierenden Wahrnehmung, die Identitäten verändert, Gegenstände, Gesten, Orte und situative Begebenheiten aus ihren Zusammenhängen löst und die verschiedenartigen Akzente zu einer eigenen medialen Sprache konzentriert.
Die Zusammenschau der Arbeiten demonstriert so eine gewisse einfache Direktheit in Formulierung und Ausdruck, eine reflexive Konstruktion von Möglichkeiten und Wirkungsweisen der Bildsprache, ohne bestimmte Methode, ohne System, sondern mit gefühlsmäßiger Sicherheit.
Die Frontalität und das Format der Bilder verstärken die zeremonielle und oft szenische Qualität und verleihen ihnen einen emotionalen, wenn nicht sogar aggressiven Ausdruck, der stilistische Eindeutigkeiten verwirft und der sich gegen intellektuelle Mysterien positioniert.
Es sind bunte und offensive Bilder die Inhaltliches, obgleich als konstitutives Element vorhanden, auch ambivalent erscheinen lassen. Die Bilder sind mit Sicherheit nicht narrativ, sondern evokativ und als äußerst persönliche Feststellung geschaffen.
Der Inhalt als solcher bleibt oft schwer beschreibbar, hermetisch verschlossen, sinnbildlich und den Reaktionen des Betrachters überlassen. Die Bilder deuten an, definieren aber nicht abschließend und Leidenschaften werden mit einiger Präzision oder zumindest mit visuellen und atmosphärischen Untergriffen umschrieben.“ (Joerg Burger, 19. 03. 2000)

 

Walter Mirtl: „Wenn dem Bestreben sich nach der Natur ein Abbild zu machen, die Fotografie die größtmögliche Chance zur Wiedererkennung der Realität bietet, so liegt die Faszination fotografischer Bilder im Zeigen von zuvor nicht Gesehenem, nicht Gekanntem, und gleichzeitig im Wiedererkennen von bereits Erlebtem.

Meine meist großformatigen Fotoarbeiten in Farbe oder Schwarz-Weiß zeigen Gegenstände, die in ihrer täglichen Präsenz unbedachter Vertrautheit zum Opfer fallen, vereint mit Menschen und Tierdarstellungen die mit symbolhafter Geste in Szene gesetzt, ein Spannungsfeld zwischen „fremd“ und „bekannt“ erzeugen. Das wohlkalkulierte In-Verhältnissetzen von Vertrautem, das im gleichen Moment zum ausweglos Fremden führt, schafft den mir wichtigen Schritt ins Absurde.

So erscheinen allzu bekannte, banale Objekte und Situationen, deren Sinn und Zweck festgelegt ist und damit bestimmte Erwartungen erfüllen, im Zusammenspiel von Anordnung und Abbildungsmaßstab sowie Licht und Schärfe plötzlich in einer Bedeutung, die sich der Vernunft als uneinordenbar erweist. Es kommt zum Bruch; anstelle des Gewohnten tritt Sprachlosigkeit; der Inhalt der Bilder entzieht sich jeder sprachlichen Vermittlung, er ist einzig erlebbar. Es ist der Versuch, die Bildsprache als allein mögliche Ausdrucksweise zu verwenden. Die damit zusammenhängende Vieldeutigkeit ist ein entscheidender Moment meiner Arbeit. Dem zufolge erscheint mir auch die Vergabe von Zahlen anstelle eines Titels zur Bildbezeichnung besser geeignet zu sein.“ (Walter Mirtl, 20.03.2000)