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Ausstellungen

INSTALLATIONEN – ARBEITEN IM RAUM II

Evelyne Egerer: Lost Horizon

9. Juni 1994 – 2. Juli 1994

Evelyne Egerer (AT)

Kataloge | Schwerpunkt: INSTALLATIONEN – ARBEITEN IM RAUM 1994

Mit vier Ausstellungen von eigenwilligen Arbeiten wollte das kuratorische Kollektiv der FOTOGALERIE WIEN das Thema Installationen – Arbeiten im Raum  beispielhaft darstellen. Dazu wurden fünf KünstlerInnen eingeladen, die präzise, aber sehr unterschiedliche Standpunkte vertraten. Diese Reduktion auf wenige Aspekte, mit räumlichen Komponenten zu arbeiten, schaffte durch das Ausschnitthafte Unschärfen. Durch diese Unschärfen aber wurden Versuche unternommen, sich Klarheit über einige Phänomene in der Fotografie zu verschaffen (nach Josef Wais, Katalog). 

In der zweiten Ausstellung zum Schwerpunktthema Installationen – Arbeiten im Raum wurde die Installation Lost Horizon von Evelyne Egerer gezeigt.

„Er schrieb mir drei Monate später aus Bangkok und schloß einen Scheck bei für die Auslagen, die ich seinetwegen gehabt hatte. Er dankte mir und berichtete, daß er sich völlig wohl befinde. Am Schluß schrieb er, daß er soeben zu einer langen Reise aufbreche – nach dem Nordwesten. Das war alles.“
„Was meinte er damit? Wohin?“
„Ja, es klingt recht unbestimmt, nicht wahr? Nordwestlich von Bangkok muß es eine ganze Menge Orte geben. Sogar Berlin liegt nordwestlich davon, wenn man’s genau nimmt.“
Rutherford machte eine Pause und füllte unsre Gläser nach. Es war eine wunderliche Geschichte gewesen, zumindest hatte es aus seinem Munde so geklungen; Ich wußte nicht recht, was zutraf. Der musikalische Teil, obgleich höchst rätselhaft, interessierte mich weniger als das geheimnisvolle Auftauchen Conways in jenem chinesischen Missionshospital. Das sagte ich Rutherford, und er antwortete, beides seien Teile ein und desselben Problems.
„Schön, aber wie kam er nun eigentlich nach Tschung-Kiang? Vermutlich erzählte er dir doch auch das alles in jener Nacht auf dem Schiff?“
„Einiges. Es wäre lächerlich von mir, nachdem ich dich so viel wissen ließ, den Rest geheimzuhalten. Nun ist es vor allem eine längliche Geschichte, die ich dir nicht einmal in Umrissen erzählen könnte, ohne daß du deinen Zug versäumst. Es gibt aber einen viel bequemeren Weg. Ich bin ein wenig mißtrauisch, wenn es gilt, die Kniffe meines lichtscheuen Gewerbes zu enthüllen. Aber die Wahrheit ist, daß mich Conways Geschichte bei späterem Nachdenken unerhört anzog. Anfangs, nach unseren verschiedenen Gesprächen auf dem Schiff, hatte ich mir nur ganz kurze Aufzeichnungen gemacht, um nicht Einzelheiten zu vergessen. Später, als gewisse Gesichtspunkte der Sache mich zu fesseln begannen, fühlte ich mich gedrängt, doch etwas mehr zu tun und aus den Bruchstücken meiner Notizen und meiner Erinnerungen eine zusammenhängende Erzählung zu formen. Das soll nicht heißen, daß ich irgend etwas erfand oder abänderte. Was Conway mir erzählte, ist Material genug – er war ein guter Erzähler und besaß eine natürliche Gabe, dem Hörer die Stimmung des Augenblicks zu vermitteln. Auch fühlte ich vermutlich, daß ich den Mann selbst zu verstehen begann.“

Er ging zu einer kleinen Handtasche und nahm ein maschinengeschriebenes Manuskriptbündel heraus. „Na, da hast du die Geschichte jedenfalls, du kannst daraus entnehmen, was du willst.“
„Was wohl heißen soll: Du erwartest von mir nicht, daß ich sie glaube?“
„Oh, es sollte keineswegs eine so ausgesprochene Warnung sein. Aber vergiß nicht: Wenn du es glaubst, dann wirst du es aus Tertullians berühmten Grund tun – du erinnerst dich doch ? – quia impossibile est. Vielleicht gar kein so schlechter Grund. Laß mich jedenfalls hören, was du davon hältst.“ Ich nahm das Manuskript mit, las den größten Teil davon im Ostende-Expreß und beabsichtigte, es mit einem langen Brief zurückzusenden, sobald ich nach England käme. Aber es traten Verzögerungen ein, und bevor ich es noch zur Post geben konnte, erhielt ich eine kurze Mitteilung von Rutherford, daß er sich wieder auf eine seiner Wanderfahrten begebe und für etliche Monate keine ständige Anschrift haben werde. Er gehe nach Kaschmir, schrieb er, und von dort „nach Osten“. Das überraschte mich nicht. (aus: „Lost Horizon“ von James Hilton, 1933)