Eröffnung und Katalogpräsentation: Montag, 22. Juni, 19.00 Uhr
Einleitende Worte: Ruth Horak
Klanginstallation: Roland Dahinden
Begleitprogramm – Werkstattgespräch Inge Dick: Donnerstag, 23. Juli, 19.00 Uhr
WERKSCHAU XIV ist die Fortsetzung der seit 14 Jahren jährlich stattfindenden Ausstellungsreihe der FOTOGALERIE WIEN, welche zeitgenössische KünstlerInnen präsentiert, die wesentlich zur Entwicklung der künstlerischen Fotografie und neuen Medien in Österreich beigetragen haben. Gezeigt wurde bisher ein Querschnitt durch das Schaffen von Jana Wisniewski, Manfred Willmann, VALIE EXPORT, Leo Kandl, Elfriede Mejchar, Heinz Cibulka, Renate Bertlmann, Josef Wais, Friedl Kubelka, Branko Lenhart, Horáková + Maurer, Gottfried Bechtold und INTAKT (Renate Bertlmann, Moucle Blackout, Linda Christanell, Lotte Hendrich-Hassmann, Karin Mack, Margot Pilz und Jana Wisniewski). In diesem Jahr wurde die Künstlerin Inge Dick eingeladen.
Die Bewegung der Farben
Rot. Tag-Rot, Boston-Red, Zinnoberrot. In zahlreichen Arbeiten ist Rot bisher das Motiv von Inge Dick gewesen. Und Rot ist auch die überwiegende Farbe in ihrer Werkschau in der FOTOGALERIE WIEN. Dabei ist Rot nur ein Hilfsausdruck für die nuancenreiche Palette an Rottönen, die Inge Dick für die vielteiligen Polaroidserien seit den frühen 1980er-Jahren bzw. zuletzt für den 13 1⁄2-stündigen Film zinnober den Apparaten entlockt hat.
Der Schriftsteller Bodo Hell hat für sie eine „rote Liste“ geschrieben, nach der im deutschen Sprachgebrauch zumindest 81 Rottöne einen eigenen Namen tragen, noch ohne Berücksichtigung der Pantone-Nummerierungen oder der RGB-Werte.
Gleichzeitig ist Rot aber auch nur ein Modell, ein Statist, nur ein Vorwand, denn, was Inge Dick eigentlich darstellen will, ist das Licht und seine Intensitätsschwankungen – die Veränderungen des natürlichen Lichts mit der Tageszeit bzw. die Auswirkungen der apparativen Einstellungen auf das Kunstlicht. An den Farben (neben Rot verwendet Inge Dick vor allem Weiß, Schwarz und Blau) lässt sich das Licht visualisieren. Die Farben selbst nehmen sich dabei zurück, besitzen keine eigenständigen Farbkörper und keine ursprüngliche Stofflichkeit, erst wieder jene des darstellenden Mediums. Damit hebt sich auch der Unterschied zwischen Abbild und Bild auf: Die Farben sind weniger abgebildet, als dass sie selbst Bild sind.
Mit der Entscheidung, das Spektrum der natürlichen Lichtintensitäten auch filmisch zu erfassen, macht Inge Dick den Schritt zur kontinuierlichen Bewegung – in zinnober ist der Tag wieder ganz. Während in den fotografischen Serien einzelne Farben abhängig von bestimmten Zeit- und Lichtwerten herausgegriffen werden, bewegt sich das Rot nun. In den Polaroidserien regen die Einzelbilder zum Vergleich an – die Dunkelheit des Rots frühmorgens, seine Blässe tagsüber und seine Ähnlichkeit mit der Vorlage gegen Abend – im HD-Video zinnober hingegen lässt unser schlechtes Farbgedächtnis ähnliche Vergleichsmomente kaum zu. Wir registrieren Veränderungen, aber die vorangegangenen Rot-Töne sind unserem Gedächtnis längst wieder entschwunden. Dafür liegt ein ganzes Taglicht ununterbrochen und in Echtzeit vor uns.
Bei all diesen Experimenten mit der Kausalität von Farbe, Licht und Zeit – sei es mit der kleinen SX 70 Polaroidkamera oder den mittel- und großformatigen Polaroids seit 1995, sei es in den Malereien (die in ebenso großem Umfang wie die Fotografien entstehen) oder in ihrem ersten Filmprojekt: Es geht Inge Dick immer um das „Programmieren“ einer Serie, um den Prozess der Umsetzung, um Strukturelles, das sie in Form von Zeitcodes etwa mit ins Bild holt. Inge Dick versteht es, Wahrnehmungsschwellen zu initiieren und deren Immaterialität eine Form zu verleihen. Und sie versteht es, die strenge Programmatik ihres Konzepts immer neu zu bezaubern.
(textliche Betreuung: Ruth Horak)