Fotografie kann alles. Daran haben wir uns bereits gewöhnt. Die 250 Ausstellungen, die wir in den letzten zwanzig Jahren in der MALA GALERIA präsentiert haben, sind EIN Beweis für die Vielfalt der fotografischen Möglichkeiten. In diesen zwei Dekaden haben wir uns bemüht, unserer anfänglichen Programmatik aus den späten 1970er-Jahren – als die Situation in der Kunst nicht derart „postmodernistisch“ ausgerichtet war wie heutzutage – treu zu bleiben. In jeder Ausstellung haben wir versucht, die Präsenz des Wesentlichen in der Fotografie beizubehalten, auch wenn Künstler mit Film, Video, Zeichnung oder Installationen gearbeitet haben. Daher hatte die MALA GALERIA ihre „stärker fotografischen“ und „weniger fotografischen“ Perioden. Fotografie ist aber in jedem Fall der Kern und die Basis aller Arbeiten, mit denen man in der MALA GALERIA konfrontiert wird.
Die Auswahl der (polnischen) Künstler, deren Arbeiten in der FOTOGALERIE WIEN gezeigt werden, illustriert dies anschaulich. Alle vier Künstler haben bereits in der MALA GALERIA ausgestellt, sie haben alle mit reiner Fotografie begonnen und gehen nun ihren eigenständigen künstlerischen Weg.
Das wichtigste Element in den großformatigen Arbeiten von Krzystof Cichosz ist die Suche nach Ordnung, einem System, einem Standpunkt, von dem aus Konturen und Umrisse zu erkennen sind, die sich auf Kultur, Philosophie und Kunstgeschichte beziehen. Die wichtigste Komponente seiner Kompositionen bildet das Verhältnis von Rasterung am Beispiel des Druckes, welcher die Möglichkeit zur Lesbarkeit dieser Bilder von anderen Varianten des Sehens abgrenzt.
Mauricy Gomulickis spezieller Einsatz von Farbe gibt seinen Cibachromes impressionistischen Charakter – die Umrisse menschlicher Figuren und unbestimmter Natur werden erkannt. Die Fotografien strahlen das Rätsel des Daseins und die Bewunderung für das Leben aus, allerdings mit einer sehr mysteriösen und mystischen Palette.
Konrad Kuzyszyn wendet seine Aufmerksamkeit direkt auf sich selbst. In seinen Rauminstallationen verwendet er häufig Abbildungen seines eigenen nackten Körpers im Versuch, das Wesen der existentiellen Probleme zu fassen, die sein Werk von Beginn an beherrschen.
Für Krzystof Wojciechowski war Fotografie stets Vorwand, um vergängliche und flüchtige Bruchstücke der Wirklichkeit aufzuzeichnen, wie sie sich in den Graffitis manifestieren, die man in polnischen Städten seit den späten 1970er-Jahren auf Wänden sieht. Sein Interesse gilt auch den moralischen Haltungen und Entscheidungen, die wir ständig treffen. Das ist der Grund für biblische Themen und christliche Ikonographie in seinem Werk.
Die Arbeiten dieser vier Künstler sind bezeichnend für die unterschiedlichen Entwicklungen in der zeitgenössischen künstlerischen Fotografie in Polen. Die beherrschenden Tendenzen (z. B. die ausgeprägte konzeptuelle Strömung der 1970er-Jahre oder die soziologische und soziale der frühen 1980er-Jahre) sind verschwunden.
Für zeitgenössische KünstlerInnen hat sich die Fotografie zu einem besonders vielseitigen Medium entwickelt, befreit von Ideologie und herkömmlichen Kunstvorstellungen. Die Aufgabe solcher Einrichtungen wie der MALA GALERIA ist es, diese Ideen aufzuzeigen und weiterzugeben. Die Zukunft wird zeigen, wie dauerhaft sie sind und ob sie zur künstlerischen Fotografie einen neuen Beitrag leisten können. (Marek Grygiel, Leiter der MALA GALERIA)